Bielefeld tüftelt im Ideenlabor für die WissensWerkStadt
Leuchtturmprojekt für Wissenschaftskommunikation geht ungewöhnliche Wege in der Bürgerbeteiligung
In Bielefeld wird derzeit experimentiert. Die Universitätsstadt soll einen innovativen Ort im Stadtzentrum bekommen, an dem Themen aus der Wissenschaft für eine breite Öffentlichkeit lebendig gemacht werden. Die WissensWerkStadt Bielefeld soll sich mit einem besonders offenen und experimentellen Charakter deutlich von ähnlichen Einrichtungen in Deutschland abheben. Schon in der Entwicklung setzt das Wissenschaftsbüro von Bielefeld Marketing, das im Auftrag von Oberbürgermeister Pit Clausen das Konzept erarbeitet, auf eine andere Herangehensweise bei der Bürgerbeteiligung: Fantasie wecken, Ideen ausprobieren, gemeinsam tüfteln. Darum ging es jetzt im „Ideenlabor WissensWerkStadt“.
Rund 160 Bürgerinnen und Bürger – vom interessierten Bürger bis zur Hochschulprofessorin – nahmen an der Veranstaltung am geplanten Standort, im Gebäude der ehemaligen Stadtbibliothek an der Wilhelmstraße, teil. Die „Gerätschäften“ im Ideenlabor: Fantasie und Begeisterung, Stift und Zettel, Lego-Steine und Knete. Gemeinsam mit der Agentur Heinze und Partner aus Dortmund hatte das Wissenschaftsbüro ein interaktives Planspiel entwickelt. An 18 Tischen schlüpften die Teilnehmer in die Rolle von Architekten, Kuratoren, Besuchern und Entscheidern.
Der Ansatz war betont kreativ und spielerisch, der Hintergrund des Ideenlabors aber sehr konkret. Martin Knabenreich, Geschäftsführer von Bielefeld Marketing, erklärt: „Um einen offenen und lebendigen Ort für den Austausch zwischen Stadtgesellschaft und Wissenschaft zu gestalten, ist die Beteiligung von Bürgern und wichtigen Partnern wie der Universität Bielefeld, der Fachhochschule Bielefeld, von Museen, Vereinen und Initiativen sowie aus Wirtschaft und Kultur entscheidend. In der WissensWerkStadt wollen wir gemeinsam auch mal quer denken. Eine schon gut ‚einstudierte‘ Form der Bürgerbeteiligung wie Workshops oder Podiumsdiskussionen hätte zum experimentellen Mut weniger gepasst.“
Ideen für Wissensküche, Virtual-Reality und Selbstmach-Werkstatt
Los ging es zur Einstimmung bei der „Hausführung mit Ideenhäppchen“. Hier wurden kleine Umsetzungsbeispiele gezeigt, von Ausstellungen über kindgerechte Experimente bis zum Bühnen-Format. Beteiligt waren von der Universität Bielefeld das Kinderlabor „B hoch 3“ und die Arbeitsgemeinschaft Biopsychologie, die „bts – Biotechnologische Studenteninitiative“ und das „iGEM-Team“ sowie Forscher vom „Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie“ (CITEC) und der „Bielefeld Graduate School in History and Sociology“. Auch die Fachhochschule Bielefeld, das „Fraunhofer IOSB-INA - Institutsteil für industrielle Automation“ aus Lemgo, das Kindermuseum OWL und die „GMK – Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur“ zeigten vor Ort, wie sich Wissenschaft an unterschiedliche Zielgruppen vermitteln lässt.
Nach dem anschließenden Planspiel wurden die besten Ideen der Teilnehmer im Plenum gekürt. Den meisten Zuspruch erhielt der Vorschlag einer „Wissensküche“ im Haus, in der wissenschaftliche Zusammenhänge aus Biologie oder Chemie über das Kochen und Essen vermittelt werden. Andere Vorschläge drehten sich um die Digitalisierung des Gebäudes, beispielsweise mit einer „Blackbox“, in der Besucher mit Virtual-Reality-Brillen und Sensorhandschuhen in entfernte Welten eintreten. Ebenfalls vorgeschlagen wurden eine „Selbstmach-Werkstatt“ zum Tüfteln mit Bausätzen, ein „Science-Kabarett“ und ein „Fragen-Pool“ – eine Art „Sammelstelle“, an der Bürger eigene Fragen hinterlassen können, die dann von anderen Besuchern der WissensWerkStadt oder von beteiligten Wissenschaftlern beantwortet werden.
Auch die außergewöhnliche Architektur des Gebäudes, in dem die WissensWerkStadt rund 2.800 Quadratmeter einnehmen soll, ließ viele Ideen entstehen. Im zentralen hohen Innenraum konnten sich viele Besucher Großinstallationen oder interaktive Elemente für Kinder vorstellen, von der Riesenschaukel bis zur Rutsche. Und auch der Keller des Hauses, das viele Jahre Stammsitz einer Bank war, faszinierte. Für die beiden dort noch vorhandenen Tresore wurden gleich mehrere Verwendungen vorgeschlagen vom „Escape-Room“ bis zum Rückzugsort für tiefes Nachdenken – schließlich gibt es dort dank dicker Wände keinen Handyempfang.
Kreative Energien wecken
Gesa Fischer, die mit Giovanni Fusarelli im Wissenschaftsbüro das Konzept der WissensWerkStadt entwickelt, betont: „Ganz bewusst haben wir während des Spiels die Frage, ob sich jede Idee auch in die Tat umsetzen ließe, erst einmal hintenangestellt. Es ging stärker darum, kreative Energie und Begeisterung für das Projekt zu schaffen.“ Giovanni Fusarelli erläutert, wie die Ergebnisse in die weitere Planung einfließen: „Wir werden die Bandbreite der vielen tollen Vorschläge sichten und prüfen, wo sich vielleicht schon jetzt Puzzleteile zusammenfügen lassen. Dazu gehören natürlich Fragen der Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Im nächsten Schritt stehen viele Gespräche und weitere Workshops mit möglichen Kooperationspartnern für die WissensWerkStadt an. Danach wird das Programmkonzept feststehen.“
Aktuell befindet sich die WissensWerkStadt Bielefeld in der zweiten Phase der Projektentwicklung. Ende 2017 hat die Stadt Landesfördermittel für den Umbau der Immobilie beantragt. Bielefeld Marketing, das städtische Bauamt und die Geno/G-eins Bauträger GmbH als Besitzerin des Gebäudes arbeiten eng zusammen. Die Bielefelderinnen und Bielefelder können sich während der Planungsphase weiter selbst Eindrücke vor Ort verschaffen. Am 15. März 2018 wird am geplanten Standort der Wissenschaftswettbewerb FameLab Germany stattfinden.
Mehr Infos zur WissensWerkStadt Bielefeld unter www.wissenswerkstadt.de
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